Was ist eigentlich die Gestaltungssatzung?
Stadt Hemau
Hemau besticht mit einem besonderen Charme aus mittelalterlicher Geschichte und moderner Architektur. Der Stadtplatz mit seinen Gasthäusern, Cafés und Geschäften verströmt ein schon fast norditalienisches Flair. Damit das auch so bleibt und sich auch nachfolgende Generationen an dem schönen Stadtbild erfreuen können, hat die Stadt Hemau vor einigen Jahren eine Gestaltungssatzung erlassen. Aber was ist das eigentlich genau und was gilt es zu beachten? Corinna Liebl, Leiterin der städtischen Bauverwaltung, gibt Auskunft.
Frau Liebl, was können sich die Bürgerinnen und Bürger unter der Gestaltungssatzung vorstellen?
Mit unserer geschichtlichen Vergangenheit und der historischen Bausubstanz haben wir in Hemau eine ganz besondere Stadtqualität. Diese wollen wir weiterhin bewahren. Die Altstadtsanierung begleitet uns schon viele Jahre und hat mit dem Stadtplatzumbau 2015 einen vorläufigen Höhepunkt gefunden. Was wir begonnen haben, wollen wir sinnvoll und behutsam weiterführen – natürlich immer unter Beachtung der Hemauer Besonder- und Eigenheiten. Deshalb wurde in Zusammenarbeit mit dem Städteplaner und Architekten Siegi Wild die Gestaltungssatzung vor Jahren entwickelt und 2018 an neue Gegebenheiten angepasst und fortgeschrieben. Sie soll mithelfen, Fehlentwicklungen zu stoppen, bereits gemachte Fehler wieder rückgängig zu machen, den Blick zu schärfen und neue Impulse zu geben. Sie enthält klare und eindeutige Eckdaten und Festsetzungen zur Ortsbilderhaltung.
Für welchen Bereich gilt die Gestaltungssatzung?
Der Geltungsbereich der Gestaltungssatzung umfasst die historische Altstadt von Hemau mit seinen Seiten- und Hinterliegergassen und ihre Vorstädte. Grob gesagt ist alles, was in und um den Ringweg liegt, unser historischer Kern. Der Ringweg markiert ungefähr den Verlauf der alten Stadtmauer. Historiker vermuten, dass dieses Gebiet der älteste Teil von Hemau ist. In diesem Stadtbereich stellen bei baulichen Veränderungen historische Strukturen und Qualitäten besondere Ansprüche an die Bausubstanz.
Das ist vor allem für diejenigen wichtig, die mit dem Gedanken spielen, ein Gebäude in diesem Bereich zu erwerben und zu sanieren. Dann muss man wissen, dass man sich mit der Gestaltungssatzung auseinanderzusetzen hat und jede Veränderung, auch wenn sie noch so klein ist, eine Rolle spielt.
Gehen wir mehr ins Detail: Wie ist die Gestaltungssatzung aufgebaut?
Der Bereich Städtebau gliedert sich in die drei Bestandteile Sanierungssatzung, Baugestaltungssatzung und kommunales Förderprogramm auf. Die Sanierungssatzung besagt, dass wir unseren historischen Stadtkern bewahren wollen. Im Bereich der Sanierungssatzung gibt es dann auch die Möglichkeit, steuerliche Vergünstigungen geltend zu machen, wenn man saniert.
Die Baugestaltungssatzung beschäftigt sich mit Fragen wie: Wie können vorhandene Parzellenstrukturen, Baukörper, Fassaden usw. erhalten bleiben? Wie will ich meine Haupt- und Nebengebäude und die Außenanlagen erhalten? Wie sollen die Baukörper aussehen, damit ich meine städtebaulichen Ziele erreichen und erhalten kann und gleichzeitig die bestehenden Nutzungen darin weiterführen kann? Wie kann ich Leerstände vermeiden bzw. leerstehenden Gebäuden wieder Leben einhauchen und neuen Nutzungen zuführen? Ein Beispiel: Rings um den Stadtplatz haben wir schöne hohe Wohn- und Geschäftshäuser mit einer ganz typischen Struktur. Unten befinden sich meist die Geschäfts-, in den oberen Etagen die Wohnräume. Diese Struktur soll so bleiben.
Und was hat es mit dem kommunalen Förderprogramm auf sich? Wer kann es in Anspruch nehmen?
Unsere Gestaltungssatzung enthält ja viele Gebote und Verbote. Daher wurde im Zuge der Städtebauförderung das kommunale Förderprogramm etabliert. Wir wollten den Leuten einen Anreiz geben, vielleicht anfallende Zusatzkosten – beispielsweise für Arbeiten an Stuck-Ornamenten zum Nachbessern und Aufhübschen – in Kauf zu nehmen, wenn dafür eine Förderung in Aussicht gestellt wird. In Anspruch nehmen kann das Förderprogramm jeder, der innerhalb der Grenzen des Geltungsbereichs eine städtebauliche Aufwertung vollzieht.
Ein Beispiel: Ich bin Hauseigentümer im Hemauer Altstadtbereich und möchte meine Außenfassade sanieren. Wie gehe ich vor?
Als Erstes sollte sich der Eigentümer an die Bauverwaltung wenden und sein Vorhaben darlegen. Wir holen dann unseren Städteplaner Siegi Wild mit ins Boot, der die Sanierwilligen berät. Er geht dabei auf die Wünsche der Bauherren ein und macht verschiedene Vorschläge. Wenn die Bauherren etwa eine gewisse Farb- oder Gliederungsvorstellung haben, beispielsweise eine gelbe Fassade wollen, bietet er eine Farbpalette aus verschiedenen Gelbtönen an, die im Rahmen der Gestaltungssatzung möglich wären, die sich gut in die Nachbarschaft einfügen und gut zum Objekt passen. Bei größeren Sanierungsmaßnahmen gibt es unter Umständen dann auch einen Ortstermin zur Besprechung der geplanten Maßnahmen.
Und wie geht es dann weiter?
Anschließend erstellt das Büro Wild & Wilnhammer für uns ein Beratungsgeheft, in dem alle Vorgaben und Vorschläge für die Sanierungsmaßnahme enthalten sind. Meist sind auch zu einzelnen Sachverhalten verschiedene Optionen in der Beratung enthalten. Beispielsweise mit oder ohne Fensterläden, mit Fensterspiegel oder ohne, mit farblicher Absetzung der Geschosse oder nicht usw. Dies soll die Bauherren inspirieren und vielleicht auch Bereiche aufzeigen, an die man ansonsten nicht gedacht hätte.
Und wann kann ich einen Antrag auf Städtebauförderung stellen?
Mit dieser Beratung können die Bauherren dann zu den Handwerkern und Betrieben ihrer Wahl gehen und sich Angebote einholen. Sobald diese vorliegen, kann ein Antrag auf Städtebauförderung gestellt werden. Formulare sind online und im Rathaus erhältlich. Hierbei ist zwingend zu beachten, dass keine Maßnahmen vor offizieller Förderzusage der Stadt Hemau begonnen werden dürfen, da dies förderschädlich wäre. Nach erfolgter Förderzusage können die Maßnahmen in Abstimmung der einzelnen Details mit uns begonnen werden.
Am Ende der gesamten Maßnahmen wurde dann bestenfalls die geplante städtebauliche Aufwertung erzielt, was durch eine Abschlussbewertung des Städteplaners entsprechend belegt wird. Im Anschluss hieran wird die anhand der förderfähigen Kosten ermittelte Fördersumme nach Verfügbarkeit der Haushaltsmittel ausgezahlt.
Ist die Gestaltungssatzung für Grundstückseigner nicht eine Belastung?
Wir wissen, dass es zum Teil eine Belastung für die Grundstückseigner ist. Deshalb wurde ja auch das kommunale Förderprogramm ins Leben gerufen, um den Eignern unter die Arme zu greifen. Auch wenn es stellenweise vielleicht mühsam ist, das Endergebnis ist es auf jeden Fall wert. Jeder Einzelne ist gefragt, damit wir uns in einem harmonischen Gesamtbild präsentieren können. So wird die Hemauer Innenstadt noch attraktiver, die Wohnqualität steigt. Ziel ist es, für alle Bürgerinnen, Bürger und Gäste ein lebendiges und optisch ansprechendes Hemau zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Haben Sie ein Beispiel, was die Gestaltungssatzung regelt?
Der Herbst steht vor der Tür. Ab Oktober darf man wieder Bäume und Hecken schneiden. Leider verschwinden im Altstadtbereich immer mehr Bäume, da der Platz immer weniger wird. Daher müssen die Bürger, die im Geltungsbereich der Gestaltungssatzung wohnen, die Baumschutzklausel beachten. Wenn sie Bäume über vier Meter Kronenhöhe und dreißig Zentimeter Stammumfang beseitigen möchten, müssen sie sich zuerst die Zustimmung der Stadtverwaltung einholen.
Der komplette Text der Gestaltungssatzung ist auf www.hemau.de einzusehen.
Foto 1: Corinna Liebl und ihr Team von der städtischen Bauverwaltung beraten Bürgerinnen und Bürger gerne bei allen Fragen zur Gestaltungssatzung.
Foto 2: Geltungsbereich der Gestaltungssatzung
Foto 3: Gestaltungsentwurf vom Architekten und Stadtplaner Siegi Wild