Veranstaltung von Stadt und Landkreis Regensburg mit dem Universitätsklinikum
Regensburg (RL). Am Mittwoch, 12. Juni 2024, luden die Gleichstellungsstellen und das Gesundheitsamt von Stadt und Landkreis Regensburg sowie das Universitätsklinikum Regensburg zu einer Hybridveranstaltung zum Thema Geschlechterspezifische Medizin ein. Mit dem fachlichen Schwerpunkt Ernährung richtete sich die Veranstaltung an Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal, Studierende sowie an alle Interessierten. Im Anschluss an die Vorträge wurden Fragen aus dem Publikum beantwortet.
Landrätin Tanja Schweiger und Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer begrüßten die Teilnehmenden, die sowohl vor Ort im Landratsamt Regensburg als auch online zugeschaltet waren.
Prof. Dr. med. Barbara Puhahn-Schmeiser, Vizepräsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes eröffnete den Abend mit einem State of the Art und gab einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung der Geschlechtersensiblen Medizin – auch als Gendermedizin bekannt. Seit langem sei dies ein wichtiges Thema im Deutschen Ärztinnenbund. Bereits 1999 habe es einen Kongress des Arztinnenbundes mit dem Titel „Schlagen Frauenherzen anders?“ gegeben. Prof. Dr. med. Barbara Puhahn-Schmeiser erklärte, was Geschlechtersensible Medizin ist und warf einen Blick auf die historische Entwicklung. Zudem ging sie auf die unterschiedliche Wirksamkeit von Arzneimitteln bei Frauen und Männern ein sowie auf unterschiedliche Smptome bei gleicher Erkrankung ein – aufgrund der Unterschiede im weiblichen und männlichen Körper. Abschließend zog die Professorin das Fazit, dass Geschlechtersensible Medizin kein Frauenthema sei, sondern alle Menschen betreffe und gleichermaßen aus den gewonnenen Erkenntnissen profitierten.
Landrätin Tanja Schweiger erklärte: „Als Gesundheitsregionplus Stadt und Landkreis Regensburg möchten wir allen Menschen die beste medizinische Versorgung bieten. Dazu ist es notwendig aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, wie sie die Geschlechtersensible Medizin bietet, zu berücksichtigen und dem Geschlecht in der Gesundheitsversorgung mehr Gewicht zu verleihen.“
Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer stellte fest: „Es gibt in Regensburg bereits seit Jahrzehnten einschlägige Arbeitskreise wie den „AK Frauen und Sucht“ und den „AK Frauen und Psychische Gesundheit“, die sich dafür einsetzen, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Symptomen, Behandlungen sowie Medikationen ernsthaft und selbstverständlich mit in den Blick genommen werden. Leider bekommt das Thema aber in der breiten Öffentlichkeit und der allgemeinen medizinischen Fachwelt immer noch nicht ausreichend Aufmerksamkeit. Umso mehr freut es mich, dass das breite Themenfeld der Gendermedizin in der Region Regensburg durch die Kooperation mit dem Universitätsklinikum nun bei regelmäßig wiederkehrenden Veranstaltungen in den unterschiedlichen Facetten aufgegriffen wird.“
Hier eine Zusammenfassung der drei Fachvorträge der Regensburger Professorinnen:
„Differenzierte Betrachtungsweise – ein Benefit für alle“
Univ.-Prof. Dr. med. Martina Müller-Schilling, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Regensburg, beantwortete als Mitinitiatorin des Abends die Frage: „Gesunde Ernährung - Was ist gut und was ist Fakt?“.
Schon Hippokrates sagte: „Eure Lebensmittel sollen eure Heilmittel sein.“ Für den griechischen Arzt war klar, dass eine gesunde Ernährung grundlegend für die Erhaltung der Gesundheit ist. Und dieser Grundsatz gilt bis heute. Im Gegensatz zu damals wissen wir heute jedoch viel mehr darüber, dass Menschen der unterschiedlichen Geschlechter jeweils andere Krankheitsmuster und -verläufe zeigen. Eine differenzierte, geschlechtsspezifische Betrachtungsweise für medizinische Themen ist deshalb wichtig – entsprechend auch in Bezug auf die Empfehlungen zu gesunder Ernährung. Univ.-Prof. Dr. med. Martina Müller-Schilling stellte deshalb in ihrem Vortrag neben den aktualisierten Ernährungsempfehlungen auch die Bedeutung von Ernährung für die Erhaltung von Gesundheit und Vermeidung von Krankheiten dar und zeigte dabei geschlechterspezifische Unterschiede auf. Der Medizinerin ist es wichtig hervorzuheben, dass Frauen und Männer sowie Menschen mit dem Geschlechtseintrag divers gleichermaßen von Gendermedizin profitieren und es sich gerade nicht um ein reines „Frauenthema“ handelt. Im Namen des Organisationsteams machte sie als Zielsetzung des Abends deutlich: „Das Forschungsgebiet der Geschlechter- und Gendermedizin – auch Gender Medicine, Gender Specific Medicine oder Geschlechtsspezifische Medizin – ist in Deutschland noch jung. Es ist unser gemeinsames Anliegen, mit dieser Veranstaltung die Öffentlichkeit, Angehörige aller Gesundheitsberufe und ärztliche Kolleginnen und Kollegen für den Genderaspekt in der Medizin zu sensibilisieren.“
"Wie viel Salz ist gut für uns?“
Im zweiten Fachbeitrag "Wie viel Salz ist gut für uns?“ von Prof. Dr. med. Miriam Banas, Geschäftsführende Oberärztin in der Abteilung für Nephrologie am Universitätsklinikum Regensburg und Stv. Gleichstellungsbeauftragte für Frauen in Wissenschaft und Kunst der Universität Regensburg wurde deutlich, dass in Deutschland die tägliche Salzzufuhr weit oberhalb der empfohlenen Menge liegt. Mit zunehmender Salzzufuhr steigt das Risiko für Bluthochdruck und damit auch für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere für Schlaganfälle. Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) oder die Hochdruckliga empfehlen Erwachsenen, täglich nicht mehr als 6 Gramm Salz zu sich zu nehmen, die WHO liegt mit ihrer Empfehlung von 5 Gramm noch einmal darunter. Bundesweit repräsentative Daten aus einer vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beim Robert Koch-Institut (RKI) in Auftrag gegebenen Auswertung der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) zeigen jedoch ein anderes Bild. Demnach lag bei Frauen die tägliche Salzzufuhr bei durchschnittlich 8,4 Gramm und bei Männern bei 10 Gramm. 50 Prozent der Männer und 38,5 Prozent der Frauen nahmen sogar täglich mehr als 10 Gramm Salz auf.
Dass eine Salzreduktion andererseits eindrucksvollen Effekt hat, konnte unter anderem eine chinesische Studie zeigen, die den Effekt einer Kochsalzreduktion an einer Population von Hochrisikopatientinnen und -patienten untersucht hatte (Neal B, et al. N Engl J Med 2021). In der Interventionsgruppe verwendeten die Studienteilnehmenden Kochsalzsubstitute bzw. Salz-Ersatzprodukte, in der Kontrollgruppe wurde weiterhin das übliche Kochsalz benutzt. Im Ergebnis war die Schlaganfallrate in der Interventionsgruppe 14% niedriger als in der Kontrollgruppe, ebenso die Gesamttodesfälle.
Prof. Banas machte deutlich „auf Salz muss man nicht verzichten“, sondern lediglich die Menge reduzieren. Dafür gilt die Regel: Alle natürlichen Lebensmittel sind eher salzarm. Hingegen enthalten viele industriell hergestellte Produkte zu viel Salz. Auf eine ausgewogene Ernährung kommt es an.
Ernährungsumstellung oder Medikamente zur Behandlung eines zu hohen Cholesterins und zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Mit der Frage nach der optimalen Umsetzung von Präventionsmaßnahmen zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen setzte sich Prof. Dr. med. Andrea Bäßler, Leiterin der Kardiologischen Ambulanz/ Präventions- und Lipidambulanz in der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II am Universitätsklinikum Regensburg und Gleichstellungsbeauftragte für Frauen in Wissenschaft und Kunst der Fakultät Medizin der Universität Regensburg auseinander. Kardiovaskuläre Erkrankungen bleiben unangefochten die Hauptursache für erhöhte Krankheitsbelastung und Sterblichkeit. Untersuchungen zeigen, dass die konsequente Umsetzung optimaler Präventionsmaßnahmen dazu beitragen kann, kardiovaskuläre Ereignisse zu verringern. Daher gewinnen sowohl die Primär- als auch die Sekundärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zunehmend an Bedeutung.
Im klinischen Alltag lässt sich häufig miterleben, wie schwierig es für unsere Patientinnen und Patienten sein kann, die ärztlichen Empfehlungen zur Lebensstilintervention, bspw. gesunde Ernährung, Gewichtskontrolle, Nikotinstopp und ausreichend Bewegung konsequent und erfolgreich umzusetzen, die Notwendigkeit der adäquaten Einstellung der Lipidwerte, des Blutdrucks oder eines Diabetes zu verstehen und die Therapie gemäß der leitlinienorientierten Empfehlungen der Ärztinnen zu befolgen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Behandlungsziele häufig nicht erreicht werden, die Frustration bei Behandelnden und Patienten wächst, und es viel Verbesserungspotenzial hinsichtlich der Prävention und Therapie von Herzkreislauf-Erkrankungen gibt.
Zu hohes Cholesterin ist einer der wichtigsten ursächlichen Faktoren für das Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkten, Schlaganfällen und vaskulärer Demenz. Frau Prof. Dr. Andrea Bäßler beleuchtete in ihrem Vortrag geschlechtersensible Aspekte rund um den relevanten Risikofaktor „Cholesterin“. Dabei adressiert sie die Problematik der eingeschränkten Umsetzung therapeutischer Maßnahmen und der Defizite in der Zielwert-Erreichung, die sich bei Frauen noch deutlicher zeigen als bei Männern. Sie führte aus, welche Barrieren eine erfolgreiche Umsetzung der ärztlichen Empfehlungen erschweren bzw. sogar verhindern und zur Diskrepanz zwischen Leitlinien-Empfehlungen und Versorgungsrealität beitragen. Aktuelle Studien- und Registerdaten zeigen, dass selbst Patientinnen und Patienten mit manifester koronarer Herzkrankheit die empfohlenen Behandlungsziele zu einem Großteil nicht erreichen.
Bildunterschrift:
Die Veranstaltungsreihe Gendermedizin befasste sich mit den unterschiedlichen Ernährungsweisen: v.l.: Veronika Rösch, Stv. Gleichstellungsbeauftragte Sadt Regensburg; Oberbürgermeisterin Gertrud Malz-Schwarzfischer; Prof. Dr. med. Andrea Bäßler; Univ.-Prof. Dr. med. Martina Müller-Schilling; Prof. Dr. med. Miriam Banas; Landrätin Tanja Schweiger und Silvia Siegler, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Regensburg. Foto. H.C. Wagner
Landratsamt Regensburg / Presse- und Öffentlichkeitsarbeit / Altmühlstr. 3 / 93059 Regensburg
Pressesprecher: Hans Fichtl, Tel.: 0941 4009-276, Stellvertretende Pressesprecherin: Claudine Tauscher Tel. 0941 4009-433
E-Mail: pressestelle@lra-regensburg.de,
Internet: www.landkreis-regensburg.de