Als Bürgermeister unserer Kommune ist es mir angesichts aktueller Debatten ein Anliegen, die Notwendigkeit der Aufnahme von Geflüchteten und deren dezentrale Unterbringung zu erläutern. Die Aufnahme von Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und existenziellen Bedrohungen fliehen, ist nicht nur ein Gebot der Humanität, sondern auch eine rechtliche Verpflichtung, die sich aus dem Grundgesetz und internationalen Vereinbarungen wie der Genfer Flüchtlingskonvention für unser Land und damit auch für die Kommunen ergibt.
Artikel 1 unseres Grundgesetzes stellt klar, dass die Würde des Menschen unantastbar ist und verpflichtet uns, allen Menschen in Not Schutz zu bieten. Zudem schreibt das Aufenthaltsgesetz (§ 44) vor, dass Geflüchtete in Deutschland einer Verteilungsquote unterliegen, die sogenannte „Königsteiner Quote“, die den Kommunen eine gesetzliche Zuweisung auferlegt. Diese Verpflichtung ist bindend. Die Kommunen haben keinerlei Wahl, die Aufnahme von Geflüchteten zu verweigern. Eine Ablehnung würde nicht nur dem rechtlichen Rahmen widersprechen, sondern auch erhebliche finanzielle Sanktionen für unsere Stadt nach sich ziehen.
Turnhallen als Notunterkünfte stellen lediglich eine kurzfristige Lösung dar und sind weder für die Geflüchteten noch für unsere Gemeinschaft tragbar. Turnhallen sind unverzichtbar für den Schul- und Vereinssport sowie als soziale Treffpunkte und dürfen daher nicht auf Dauer zweckentfremdet werden. Wir verfolgen deshalb mit den Planungen für die Unterkunft in der Atsch und der Anmietung des Wohnraums für maximal 20 Familien in Zweifall perspektivisch das Ziel, die aktuell benötigte Turnhalle am Glashütter Weiher wieder für den Sport zur Verfügung stellen zu können. Wichtig ist mir hierbei zu erklären, dass die Verzögerungen der Errichtung der Unterkunft in der Atsch nicht der Grund für die Anmietung des Wohnraums in Zweifall sind. Diesen Wohnraum hätten wir auch mit der Unterkunft benötigt.
Dezentrale Unterbringung in kleineren Einheiten ermöglicht eine menschenwürdige Unterkunft, erleichtert die Integration und reduziert Spannungen innerhalb der Bevölkerung. Sie bietet Geflüchteten eine Chance, in unsere Gemeinschaft hineinzuwachsen, und verteilt die Verantwortung gerecht auf alle Stadtteile. Ich möchte nicht die Fehler wiederholen, die bei der Unterbringung und Integration in der Vergangenheit gemacht wurden.
Wir setzen uns daher für zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten in Wohnungen oder geeigneten Immobilien ein, um sowohl den gesetzlichen Vorgaben als auch den Bedürfnissen unserer Bürger gerecht zu werden.
Dabei appelliere ich an alle Bürgerinnen und Bürger, den gegenseitigen Respekt und den Respekt in der persönlichen Begegnung mit Geflüchteten zu bewahren. Oft entstehen Missverständnisse aus Unsicherheit oder Vorurteilen, die durch offenen Dialog überwunden werden können. Diesen Dialog werden auch wir als Stadtverwaltung natürlich auch mit den Anwohnern im Umfeld der Wohnungen in Zweifall suchen, wie wir es auch in der Atsch getan haben. Ebenso bitte ich um einen respektvollen Umgang in sozialen Netzwerken. Hetze und unbegründete Anschuldigungen schaffen keine Lösungen, sondern vertiefen die ohnehin schon tiefen Gräben.
Wie so häufig bei solchen Thematiken gibt es leider auch politische Kräfte, die – teilweise trotz Zustimmung im Rat – diese Thematik nun für sich zu nutzen versuchen. Entschieden zurückweisen muss ich alle teils sogar von Parteien veröffentlichen Vorwürfe, die Stadtratsmitglieder wären über die Vorhaben nicht transparent informiert gewesen. Diese Aussagen sind falsch. Wir haben nicht nur in den Fachausschüssen, sondern auch in der letzten Stadtratssitzung ausführlich über die Vorhaben berichtet und diskutiert. Nicht umsonst ist die Anmietung des Wohnraums für Geflüchtete In Zweifall in der letzten Stadtratssitzung mit breiter Mehrheit bei nur zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen beschlossen wurden. Außerdem möchte ich betonen, dass es noch kein Mietverhältnis gibt, über das wir informieren könnten. Wir haben den Stadtrat nämlich schon vor der Anmietung transparent über die Pläne informiert.
Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, mit Ruhe, Solidarität und Menschlichkeit dieser Herausforderung zu begegnen. Nur so können wir unser gesellschaftliches Miteinander stärken.