Einmal im Monat steht beim Deutsch-Amerikanischen Herrenclub (DAHC) München ein Tagesausflug zu interessanten technischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Zielen am Programm. Bereits 2023 sollte es den Club zu Micro-Epsilon Messtechnik ins damals noch für viele unbekannte Ortenburg verschlagen. Kürzlich kehrte der DAHC zurück, um nach „versteckter“ High-Tech ebenso ungeahnte Landesgeschichte zu entdecken. Besichtigt wurden die beiden Schlösser Alt-Ortenburg und Söldenau. Unser Vereinsvorsitzender Stefan Wild führte die Gruppe durch beide historischen Objekte hindurch.
Besonderen Fokus legte er auf die Darstellung der Bedeutung der Ortenburger Grafen. Sei es die Ranggleichheit zu den Wittelsbacher Herzogen oder die Ortenburger Reformationsgeschichte mitsamt dem jahrzehntelangen Konflikt um die Unabhängigkeit. Beeindruckt zeigte sich die Besuchergruppe von der Städtegründungspolitik der Grafenfamilie im Hochmittelalter, welche von Vilshofen an der Donau über das östliche Nieder- und Oberbayern bis nach Kitzbühel in Tirol reichte.
Im neu hergestellten „Weißen Saal“ im Obergeschoss unseres Förderobjekts erläuterte Schlosseigentümer und DAHC-Vizepräsident Hans-Georg Augustinowski die jüngere Geschichte, vor allem die größeren und kleineren Renovierungsmaßnahmen der vergangenen elf Jahre. Im Anschluss verdeutlichte Wild auch hier die überregionalen Verbindungen der einstigen Schlosseigner. Hierzu zählte mitunter Schweiker I. Tuschel als Finanzier Kaiser Ludwigs IV., welcher sich „seltsamerweise nicht auf der damaligen Landesausstellung in Regensburg Erwähnung fand“, wie unser Vorsitzender bemängelte.
Darüber hinaus führte er aus, wie die Renaissance ins Wolfachtal kam und die örtlichen Schloss- und Gartenanlagen prägte. Söldenau, als mindestens zweitältestes Renaissance-Schloss nördlich der Alpen oder die schönste Renaissance-Holzkassettendecke Deutschlands auf Alt-Ortenburg seien örtliche Leuchttürme jener Zeit. „Die Gartenanlagen mit über 4 km Länge konnten sich mit dem Englischen Garten in München früher durchaus messen“, so Wild.
In Anbetracht der aufgezeigten Verbindungen und Bedeutung der Ortenburger Grafen sowie der Schlosseigner Söldenaus hatten viele der Ausflugsteilnehmenden nicht nur ein Aha-Erlebnis an diesem Tag. So fragten sie sich am Ende berechtigter Weise: "Wie kann es sein, dass trotz dieser Historie Ortenburgs, darüber nichts in Bayern bekannt ist?"
