Historischer Arbeitskreis würdigt seine Verdienste um die Geschichte und Theologie der Freien evangelischen Gemeinden
DIETZHÖLZTAL-EWERSBACH. Professor Dr. Andreas Heiser – Rektor der Theologischen Hochschule Ewersbach – ist der elfte Träger des Neviandt-Preises. Mit dieser Auszeichnung, die der Historische Arbeitskreis Bund Freier evangelischer Gemeinden seit 2008 verleiht, werden die Verdienste um die Erforschung der Geschichte des Gemeindebundes gewürdigt. Der diesjährige Preisträger gilt als Kirchengeschichtler vor allem als profunder Kenner der frühen Kirchenväter.
Vor zahlreichen Gästen im Ewersbacher Kronberg-Forum betonte Diakoniedirektor i. R. Otto Imhof in seiner Laudatio, dass sich Heiser nicht nur in zahlreichen Aufsätzen mit der Geschichte der Freien evangelischen Gemeinden beschäftigt habe, sondern als Vorsitzender des Arbeitskreises auch die historische Arbeit anderer Forschender fördere. Überreicht wurde der Neviandt-Preis von Dr. Johannes Demandt, selbst Träger des Preises und ehemaliger Kollege an der Theologischen Hochschule.
Zuvor hatte Prof. Dr. Frank Lüdke von der Evangelischen Hochschule Tabor in Marburg in seinem Festvortrag die fortdauernde Relevanz historischer Forschung hervorgehoben. Ausgangspunkt seiner Überlegungen war George Orwells 1948 erschienener Roman 1984, in dem ein totalitärer Überwachungsstaat die Vergangenheit systematisch manipuliert. An diese literarische Warnung anknüpfend, machte Lüdke auf bedenkliche Parallelen in der gegenwärtigen politischen Praxis Donald Trumps aufmerksam. „Autokraten versuchen gerade die Vergangenheit zu kontrollieren“, erklärte Lüdke und verwies auf die USA, wo derzeit Schulbibliotheken „gesäubert“ würden und im Unterricht verschiedene Begriffe wie etwa „Sonnenenergie“ nicht mehr verwendet werden dürften. Auch würden Tausende Fotos aus den Archiven gelöscht. Deshalb sei Geschichtsforschung und damit auch die Kirchengeschichte so wichtig.
So sei die Geschichte der Freien evangelischen Gemeinden während der Zeit des Nationalsozialismus erst ab den 1980er Jahren aufgearbeitet worden. Das historische Gedächtnis sei in Gefahr – und wenn die Quellen fehlten, könne die Geschichte umgeschrieben werden.
Andreas Heiser berichtete in seiner Dankesrede, er sei in einem Klima des Erzählens aufgewachsen, wofür er seinen Eltern dankte. „Für die Gemeinden und den Bund der Gemeinden sind die Personen wichtig“, erklärte der Preisträger und mahnte zugleich, dass für die Geschichtsschreibung der Abstand zum Gegenstand der Forschung wichtig sei.
Musikalisch eindrucksvoll gestaltet wurde der von Pastorin Friederike Meißner moderierte Festakt von Prof. Dr. Julius Steinberg am Klavier und Derek Harvey an der Violine.
Bilder + Text: Frank Rademacher
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Professor Dr. Andreas Heiser (l.) erhält aus den Händen von Prof. Dr. Johannes Demandt den Neviandt-Preis.
Prof. Dr. Frank Lüdke machte in seinem Festvortrag auf die aktuelle Bedeutung von Geschichtsschreibung aufmerksam.
Sorgten für die musikalische Begleitung des Festakts: Derek Harvey (Violine) und Prof. Dr. Julius Steinberg am Klavier.
