Die Steuerungsgruppe Fair Trade Rottendorf hatte eingeladen zu einer Veranstaltung rund um das süße Thema Zucker. Passend zum tausendjährigen Ortsjubiläum bot sich dieses an, denn 1836 gründete Joel Jakob von Hirsch in Rottendorf eine Zuckerfabrik. Zunächst erhielt er nur für die Verarbeitung von Zuckerrohr die Konzession, später auch für Zuckerrüben, die er auf seinen hier gelegenen Feldern anbauen ließ.
Die Aktivitäten Joel Jakob von Hirschs ordnete für die Zuhörerschaft Josef Pohly in den geschichtlichen Rahmen ein und führte eindrücklich aus, was die Familie sonst noch wirtschaftlich zum Prosperieren nicht nur von Rottendorf beitrug. Beispielsweise verschmolz das eigene Bankhaus mit der Banque de Paris et des Pays-Bas und Neffe Moritz, der als „Türkenhirsch“ in die Annalen einging, hielt 88% Aktienanteile am berühmten Orientexpress. Wer mehr wissen möchte, dem sei die Chronik empfohlen.
Im Anschluss verzauberte Martina Styppa virtuos mit einem ersten klassischen Stück auf dem Cello, bevor Sibylle Emmerling erschreckende Ausführungen zum wasserintensiven Anbau von Zuckerrohr beitrug. Begonnen wurde er mithilfe von Sklaven, die man in Afrika raubte. Heute arbeiten zwar offiziell freie Menschen auf den Zuckerrohrplantagen, de facto sind deren Arbeitsbedingungen jedoch weiterhin pure Sklaverei. Sie werden gemeinsam mit den Schädlingen vergiftet, arbeiten unsäglich viele Stunden und beginnen oftmals bereits als Kinder ihren schlecht bezahlten Job.
Anders die Entwicklung in der hiesigen Landwirtschaft, wie von Helmut Emmerlling zu erfahren war. Die arbeitsintensiven Zuckerrüben werden längst mit Maschinen bearbeitet, keiner hackt mehr Unkraut von Hand, dafür nimmt man Herbizide. Auch die Ernte erfolgt vollautomatisiert. Bis zum Abtransport in die Ochsenfurter Zuckerfabrik harren sie in Rübenmieten aus, streng kontingentiert, denn der Markt ist ziemlich gesättigt. Biorüben reisen zur Raffinade an den Lech.
Den fulminanten Abschluss der Veranstaltung bildete der zweite Song der eigens ins Leben gerufenen Projektband. Hier wurde deutlich, dass der Jugend die Welt und die Zukunft bei weitem nicht egal sind, hier wurde Freizeit zum Wohle des fairen Handels eingebracht. Den Gesang von Anke Schneider begleiteten Johann Teichert an der Gitarre, Ole Schuhmann am Schlagzeug und Henri Schnell am Bass. Zuckrige Songs…
Im Anschluss konnte man sich noch allerlei Informationsmaterial durchlesen oder bei Ostfriesentee und Gebäck gemütlich plaudern. Dank auch an Monika Preisendörfer und Andrea Siedler, die im Hintergrund für einen reibungslosen Ablauf sorgten. Jene, die den anregenden Nachmittag versäumt haben, muss leider gesagt werden, dass sie echt etwas verpasst haben! Die Mischung aus Information und Kultur war überaus gelungen, da waren sich alle Anwesenden einig.
