Anlässlich des tausendjährigen Jubiläums haben die Rottendorfer Grünen sich gefragt, wie die Leute früher wohl so gelebt haben. Damit das nicht graue Theorie bleibt, hat man einen Ausflug ins Freilandmuseum unternommen. Und um es zumindest in Teilen ganz konkret zu erleben, eine Führung gebucht: „Vom Schaf zum Schal“
Arbeitsgänge zur Herstellung
Um einen Wollschal zu erhalten, genügt heute ein Klick im Internet. Und wie war das seinerzeit? Geringfügig aufwendiger schon! Erstmal brauchte man ein Schaf mit dichtem Fell, das man im Bach gereinigt hat. Anfang Mai wurde es dann geschoren. Das Museum besitzt Scheren, so wie sie früher einmal waren. Handgeschmiedet. Bereits vom Ausprobieren tun einem die Hände weh, aber damit ein ganzes Schaf scheren! Und noch dazu ohne abzusetzen, denn das Vlies wollte man am Stück.
Während die nackten Schafe wieder auf die Weide durften (oft frierend beim Kälteeinbruch an den Eisheiligen und im Juni zur Schafskälte), mussten die Menschen das Vlies gründlicher reinigen. Was nicht zu Filz verarbeitet wurde, musste man kämmen, wozu man Karden verwendete, deren stachelige Blütenstände man zu einer Art Striegel zusammenfügte. Danach hat man die losen Haare mit der Spindel zu Fäden versponnen und zwei bis drei Fäden miteinander verzwirnt.
Der nächste Schritt bestand darin zu haspeln, das heißt, die Fäden wurden auf eine Spule gewickelt. Dabei sollte man sich nicht verhaspeln. Und nun konnte man mit der gewonnenen Wolle weben, häkeln, sticken oder stricken. Im Falle unseres Schals wurde gestrickt. Wer ihn bunt wollte, musste allerdings noch einen Färbevorgang zwischenschieben.
Schafe als Nutztiere
Wer sich Schafe als Haustier hielt, konnte sie für wirklich viele verschiedene Dinge nutzen. Um die Wolle zu erhalten, musste man das Tier nicht schlachten. Auch für die Milch und allerlei Milchprodukte bleibt es am Leben. Aber natürlich ist Schafsfleisch essbar. Die Knochen verwendete man für beinharte Gegenstände, beispielsweise Kämme oder Würfel. Das Fell konnte man für Kleidung oder als Bettzeug verwenden.
Die Haut wurde entweder zu sehr weichem Leder gegerbt, aus dem Handschuhe und mehr hergestellt werden konnten. Oder aber man trocknete die Haut, so dass sie hart wurde. Das Papier war noch nicht erfunden, also schrieb man auf Pergament. So man schreiben konnte. Pergament war nichts anderes als getrocknete Tierhaut.
Als sehr vielseitig – oder sollte man in diesem Falle vielsaitig schreiben? – einsetzbar erwiesen sich die Därme. Teils bis heute. Sind sie erstmal gereinigt, lassen sie sich mit Wurst füllen. Oder auf Tennisschläger spannen. Oder auf Saiteninstrumente. Etwas pikant stellte man daraus auch Kondome her. Das im Museum gelagerte Musterexemplar konnte nicht durch Gefühlsechtheit punkten, fühlte sich eher hart an, aber das kann durch die Lagerung an der Luft geschehen sein, vielleicht gab es ja Wege, das gute Stück geschmeidig zu halten. Vielleicht war es auch wiederverwendbar, so genau hat niemand nachgefragt.
Schafhaltung
Irgendwer musste sich übers Jahr um die Herden kümmern. Meist besaß jede Familie nur einige wenige Schafe. Diese wurden dann aus dem ganzen Dorf zusammengefasst und dem Schäfer anvertraut, der von der Gemeinde auch eine kleine Wohnung gestellt bekam. Die Idee Tiny House ist so neu nicht…
Gern zogen die Schäfer mit ihrer Herde und den dazugehörigen Hütehunden durch die Lande, gern gesehen von den Bauern, da sie die Verbuschung klein hielten und die Felder düngten. Der Schäfer hatte einen Karren, den zwei Esel zogen. Klaustrophobisch durfte der gute Mann nicht sein. Unten am Wanderstab des Schäfers befand sich ein Haken, der genau ein Schafbein umfassen konnte. Wenn mal für Ordnung gesorgt werden musste. Außerdem endete der Stab in einer kleinen Schaufel, um giftige Pflanzen auszustechen. Oder ungehorsames Vieh mit Dreck bewerfen zu können.
Wölfe waren natürlich ein Thema, aber ganz anders als heute. Das Hunderudel passte auf und verjagte das Wolfsrudel. Man war gewohnt, dass es Wölfe gab und richtete sich darauf ein. Eben durch Einzäunung und Hütehunde. Offenbar hat es funktioniert.
Landleben früher
Auch unabhängig von der Schafhaltung war enorm viel über das Leben vor dem einen oder anderen Jahrhundert zu erfahren. Jede Zeit hatte so ihre Licht- und Schattenseiten. Aber es war ungemein spannend, so ganz praktisch zu sehen, wie es in anderen Epochen im Alltag und bei den „normalen“ Leuten zugegangen ist. Es gab noch reichlich Gelegenheit, durchs Gelände zu schlendern, die örtliche Gastronomie für (dringend nötige) Pausen zu nutzen.
Wenngleich Mittelfranken, finden sich doch in Bad Windsheim zahlreiche Exponate aus Mainfranken. Im Laufe der Jahre gesellen sich auch immer neue Exponate dazu, es lässt sich bei jedem Besuch Neues entdecken. Und mit jedem Besuch versteht man die Vorfahren ein bisschen besser – kann aus ihrem Erfahrungsschatz auch für heute Erkenntnisse schöpfen. Kleine Sensationen kann auch entdecken, wer danach sucht, etwa eine Nachbildung des Keltengrabs aus Zeuzleben.
Auch wenn alle Ausflügler am Ende gut abgespielt waren, hat sich die Unternehmung doch unbedingt gelohnt. So hautnah bekommt man am Fernseher oder im Internet das Leben der Vorfahren nicht präsentiert. Jenen, die die Expedition versäumt haben, kann man nur empfehlen, auf eigene Faust das Museum zu erkunden.
